Apartment von Angelina Paxton - Central Park South

"Und ich glaube, meine Entscheidung, anzunehmen, war ebenfalls richtig ... Da ich sonst nur zu hause gesessen hätte und auf die Dunkelheit gewartet hätte. Das ist manchmal ein ziemlich ödes Unterfangen ... hoffentlich bringst du mich nicht um eine Nacht voller Blut ..."
Er wusste, was sie damit meinte. Sie wollte jagen gehen, und er sollte sie bloß nicht daran hindern. Allerdings würde sie ihn mitnehmen, wenn er fragen würde. Selbst wenn sie das Mädchen vor seinen Augen in Sicherheit brachte, das würde ihn vermutlich um so mehr aufregen. Schließlich war es dann unerreichbar für ihn, und er würde erkennen, dass Jules nicht so leicht zu hintergehen war wie andere.
"Woran denkst du gerade?", fragte sie ihn plötzlich und legte ihr Kinn auf ihre ineinander verschränkten Finger. Sie beobachtete ihn und ihre Augen blitzen in dem Licht der Lampe auf. Es sah sowohl gefährlich als auch verführerisch aus.

„Ich denke gerade an diese junge Frau.“, gab er kalt und ohne Gefühlsregung zurück. „Ich denke ich werde sie jagen. Ich bin durstig. Armes Ding…“, seine Augen verengten sich, als er sich das viele Blut vorstellte. Die Leute werden denken, dass sie von einem ungeheuer großen Hund angefallen wurde. Auf seinem Gesicht breitete sich ein Lächeln aus.
„Wieso fragst du?“ sagte er gelassen und sah ihr in die Augen. „D bist neugierig, was? Aber jetzt erst du. An was hast du gedacht?“

"Neugierde ist keine Sünde, so weit ich weiß ..."
Jules lächelte und blickte dann auf ihr Glas, dass sie in ihren Händen drehte. Das Blut, das leicht zähflüssig war, schwappte nur müde hin und her, und Jules versank in Gedanken. Sie hob nur langsam den Blick und sah zu der Frau hinüber.
"Sie hat Angst ... oder, sie wird Angst haben. Vermutlich stellt sie sich beim Wegrennen so dumm an, dass sie stürzt, und einem den ganzen Spaß verdirbt."
Als er nach ihren Gedanken fragte schüttelte sie nur leicht den Kopf und lächelte erneut.
"Warum sollte ich dir das erzählen? Es sind meine Gedanken. Würde ich wollen, dass du sie erfährst, würde ich sie laut aussprechen."
Sie betrachtete ihn, ihn und seine Reaktion. Sie wusste, ihn würde das erzürnen, doch sie liebte es, wenn dieser eiskalte Blick in seine Augen trat und seine Haut sich straffte. Vor allem aber liebte sie seine kleinen Lachfältchen, die seinen bösen Blick teilweise Lügen strafte.
"Aber gut ... ich lasse dich an meinen Gedanken teilhaben."
Sie machte eine kurze Pause, in der sie sich offensichtlich ganz genau überlegte, wie sie es in Worte fassen sollte, und sah ihm dabei direkt in die Augen. Als sie jedoch begann zu sprechen senkte sie den Blick.
"Ich habe über dich nachgedacht ... ich denke nur über dich, seit letzter Nacht ... ich habe auch an die letzte Nacht gedacht, dein Gesicht an meinem, dein Körper an meinem ... Haut an Haut ..."
Sie errötete ein wenig und lächelte etwas verlegen.

„Wenn sie stürzt, wird es mir eine Freude sein sie um Gnade winseln zu hören. Außerdem, werde ich ihr die Chance geben noch mal aufzustehen. Sie könnte mir sowieso nie davon laufen.“ Er sah hinüber zu der jungen Frau, dann wieder zu Jules.
„Du hast über mich nachgedacht?“, Richard musste lächeln. „Wieso?“ Er sah ihr tief in die Augen. Er wusste, dass sie sich nach seiner Nähe sehnte. Doch auch er konnte nicht leugnen, dass er ihre Gegenwart genoss.
„Und was denkst du so? Warte, lass mich raten: Du denkst sicher, was für ein herzloser, arroganter Anwalt ich bin.“, er lächelte schelmisch. „Zumindest denken das die meisten.“

"Nein, das denke ich nicht."
Sie sah ihm nun ebenfalls in die Augen und lächelte. Ihr Blick glitt über seine Augen, schien jeden einzelnen Gesichtszug zu erspähen und blieb dann kurz, jedoch länger als an allen anderen Stellen seines Gesichts, an seinen Lippen hängen. Dann senkte sie den Blick und betrachtete das dickflüssige Getränk in ihrem Glas.
"Anwälte sind immer herzlos und arrogant, sie tun nur das, was ihnen aufgetragen wird und versuchen natürlich das Beste daraus zu machen um eine möglichst hohe Gage zu erhalten. Das Wort Gage ist hier vielleicht fehl am Platz, aber sie selbst fühlen sich als Künstler, vor allem, wenn sie es schaffen, ihr Anliegen durchzusetzen."
Sie machte eine kurze Pause um über die nachfolgenden Worte gut nachzudenken.
"Aber du bist ... anders, nicht so wie sie. Du magst vielleicht arrogant sein, aber nicht herzlos ... Naja, in gewissem Sinne schon, aber nicht, wenn es um Gefühle geht. Du kannst anders sein, wenn du es nur wirklich willst. Du bist so verstockt, so unantastbar. Das lässt viele denken, du wärst herzlos und würdest dich nicht um andere kümmern. Aber, wie man so schön sagt, harte Schale, weicher Kern. Ich will damit keinesfalls sagen, du hättest einen weichen Kern, so wie ich beispielsweise, aber dennoch bei weitem nicht so hart wie deine Schale. Und hat man die erst mal runter sieht man, was für ein toller Mann du wirklich bist. So wie ich es gesehen habe ... in unserer Nacht. Du warst nicht so steif wie in der Öffentlichkeit. Du warst einfach ... du selbst."
Sie richtete sich ein wenig auf und trank den Rest des Inhalts ihres Glases aus. Dann sah sie ihm wieder in die Augen. Ihr Blick war nachdenklich und wirkte traurig, doch ihr Lächeln war warm und voller Zuneigung.
"An der Öffentlichkeit müssen sich Leute, die immer in den Nachrichten des Tages auftauchen hart geben, um akzeptiert zu werden. Man kann sich nur mit Härte bis an die Spitze durchkämpfen. Geht mir genau so. Ich versuche dabei jedoch so normal zu sein, wie ich immer bin. Ich verbiege mich nicht für die Presse um perfekt zu wirken, ich rede mit den Leuten so wie ich mit meinen Freunden rede. Ich lasse sie an meinen Gefühlen teilhaben, außer es ist eine Horde wild gewordener Reporter, die vor meiner Tür lauern, da verschwinde ich doch lieber spurlos."
Sie konnte sich ein leichtes Grinsen nicht verkneifen.

„Du überrascht mich Jules.“, sagte er nach endlosen Momenten des Schweigens. „Du glaubst gar nicht wie nah du mit der Interpretation von Anwälten an die Wirklichkeit gerückt bist, aber was mich an geht irrst du dich.“, seine Stimme klang bis zu diesem Satz noch belustigt, doch dann wurde sie hart und unsagbar kalt.
„Ich bin kein „toller Mann“ Jules. Mag sein dass ich nicht ganz so bin, wie die Presse es da stellt, auch wenn mir diese Darstellung recht gut gefällt, aber keinesfalls bin ich der Mann, dem du dein Herz anvertrauen solltest. Nach dem Prozess werden wir uns wahrscheinlich eher weniger sehen." Er brachte es nicht über sich, ihr die Wahrheit zu sagen. "Du bist eine interessante Frau, Jules, aber ich bin kein Typ, der gerne lange mit jemandem zusammen lebt. Jules ich habe dich wirklich gern, aber…“
Er konnte ihr nicht mehr sagen, dass er sich nicht verlieben ‚konnte’, denn er wurde von einem unfreundlich aussehenden Kerl unterbrochen, der sich wie ein Vampir verkleidet hatte. Sogar die falschen Zähne sahen aus wie echt. Der junge Mann hatte sich auf ihren Tisch gelehnt und stierte Richard einfach nur an. Diese kochte bereits vor Wut. Erstens hatte er es nicht kommen sehen und Zweitens wurde er von diesem dreisten Milchbubi unterbrochen.
„Verschwinde!“, zischte er und seine Augen wurden dunkel.
„Du gräbst meine Freundin an.“, sagte der ungebetene Gast ruhig. Richard brauchte einen Moment, um zu begreifen, das von dem jungen Mädchen die rede war, die ihm den Zettel zugesteckt hatte. Ein sadistisches Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
„Und was willst du kleines Würstchen dagegen tun?“
Der Junge entblößte seine falschen Zähne. ER wollte Richard drohen. „Ein Zentimeter näher noch und du bist tot.“, warnte ihn Richard, der sich schon auf eine Doppel-Jagd freute. Wider Erwarten zog das Mädchen ihren Freund am Arm fort und warf Richard und Jules noch einen entschuldigenden Blick zu. Richard fluchte, da sie ihm gerade nicht nur die Jagd auf den Kerl, sondern auch auf sie selbst vermasselt hatte…

Jules blickte ihr Gegenüber ernst an, doch sie schien den Hintergrund seiner Worte noch nicht zu ahnen, denn noch war sie ihm 'wohlgesonnen'. Sie vermutete zwar, dass er etwas hatte sagen wollen, was ihr nicht gefallen würde, doch sie dachte nicht darüber nach, was es hätte sein können, das würde zu nichts führen.
Sie sah dem Mann und dem Mädchen hinterher und ein Lächeln umspielte zaghaft ihre Mundwinkel. Aus ihren graugrünen Augen heraus betrachtete sie erst die beiden, dann wieder Richard, und der Blick, den sie ihm zuwarf, war alles andere als abweisend.
"Du wurdest eben unterbrochen, ich denke, du kannst jetzt weitersprechen."
Sie senkte etwas das Gesicht, sah ihm aber denn in die Augen.
"Was immer es ist, du kannst mir alles sagen. Ich bin keine Anwältin, die jedes Wort, das aus deinem Mund kommt, gleich gegen dich verwendet."

Richard folgte ihren Blicken und fixierte sie schließlich ebenso, wie sie ihn.
„Ich glaube nicht, dass du das tun würdest, selbst wenn du es könntest.“, antwortete er leichthin, besann sich doch kurz darauf wieder und suchte seinen roten Faden, der sich durch das Gespräch zog.
„Weißt du… Ich kann mich einfach nicht verlieben.“, sagte er schließlich kühl und ohne Umschweife. Jules Blick veränderte sich.
„Was nicht heißt, dass ich dich nicht mag.“, wehrte er sich sofort, als er Jules in diesem einen Moment nicht durchschauen konnte. Was mochte sie wohl denken. Ob sie eine Erklärung wollte? Er wollte nicht, dass Jules sich mit ihm anlegt, aber er wollte sie auch nicht belügen. Sie wollte schließlich die Wahrheit wissen. Von sich aus hätte er es einfach nicht mehr ausgesprochen, nachdem er glücklicherweise unterbrochen worden war.
Auf der anderen Seite konnte es ihm ja auch gleich sein, was geschah. Aber irgendetwas war anders. Denn es war ihm nicht egal…
"Wir müssen los.", sagte er schließlich leise.

Sie nickte nur, war während seiner Worte still geblieben und hatte sich nicht bewegt. Nun erhob sie sich und schob dem Kellner das Glas zu. Dann setzte sie sogar ein ehrliches Lächeln auf. Es hatte etwas freches, etwas herausforderndes.
"Wer hat denn von verlieben gesprochen? Ich habe dieses Wort nicht in den Mund genommen."
Sie zwinkerte ihm zu und verließ dann vor ihm die kleine Bar. Nun würden sie auf die Party gehen, da konnten sie sich beide gut ablenken, und vielleicht doch näher kommen. Egal, was sie gesagt hatte, und wie sie es gesagt hatte hatte es doch ehrlich geklungen, so hatten die Worte tief in ihr jedoch gebrannt wie Feuer, in das noch zusätzlich Benzin gegossen wurde. Und sie fühlte sich an, als würde sie innerlich verbrennen.
Draußen sog sie die kühle Nachtluft tief ein, wobei diese nicht wirklich kühl war, sondern allenfalls kühler als in der stickigen Bar eben. Ansonsten war Manhattans Luft warm, wie immer.

'Natürlich…', dachte Richard. 'Ich habe vom Verlieben gesprochen Teuerste. Nur ich...' Seufzend stand er auf und folgte ihr. Er ließ es sich jedoch nicht anmerken, dass er deprimiert war, da er lästige Fragen schon immer vermeiden wollte. Außerdem machte ihn das verletzlich.
„Also los. Gehen wir wieder ein bisschen Geld verschwenden.“, er klang abwertend und obendrein auch noch belustigt. Auch er hatte eigentlich keine Lust sein Geld an die Armen zu geben. In seinen Augen hatte jeder die Chance etwas aus seinem Leben zu machen. Ihm hatte auch niemand geholfen, als er noch ein Mensch war.
„Wir sollten einfach jeden Leprakranken verwandeln, dann wären sie die Krankheit auf gewisse Weise auch los.“, sagte er so vor sich hin und warf Jules einen Seitenblick zu.
„Was sagst du dazu? Ist doch ein toller Plan, oder?“, noch immer war der Sarkasmus nicht gewichen. Er versuchte wenigstens, seine Stimmung mit Witzen auf Kosten anderer zu heben.

"Ich weiß nicht ... da hätten wir aber viel zu tun, und wir wären bestimmt die einzigen, die das unterstützen. Und ich habe keine Lust, mich vor Gericht verantworten zu müssen, weißt du?"
Sie sah ihn lächelnd an und stieg in sein Auto. Sobald er den Schlüssel reinsteckte und drehte machte sie die Musikanlage des Wagens an. Sie schaltete auf einen Sender, der alle möglichen Songs brachte. Alte wie Neue, von Jazz bis Metal.
Allerdings drehte sie die Musik leise, so dass sie sich dabei noch unterhalten konnten, auch wenn ihr selbst nicht wirklich danach war. Sie blickte ihn an, dann nach draußen, zwischenzeitig auch in den Rückspiegel.
"Ich habe genug dabei, genug zum Spenden. Ich habe zu viel geld, da bin ich froh, etwas loszuwerden, wenn es einem guten Zweck dient."

„Ich glaube nicht, dass auch nur ein Staatsanwalt dich wegen Vampirismus anklagen würde.“, scherzte er und startete den Wagen.
Richard musste unwillkürlich lachen, als Jules sagte, sie habe zu viel Geld. Das hatte er noch nie gehört und hielt es für einen Scherz.
„Du bist die erste Frau, die mir sagt sie habe zu viel Geld.“, sagte er dann belustigt. „Aber was soll’s. Jedem das seine.“
Sie flogen förmlich dahin und erreichten ihr Ziel schnell. Sofort wurden sie empfangen und mit einem Blitzlichtgewitter begrüßt. Richard murmelte etwas Unverständliches und öffnete die Wagentür. Er hasste die Blitze der Kameras, die immer so hässliche Brandspuren im Blickfeld ließen. Dann nahm er Jules an der Hand und ‚präsentierte’ sie der Menge.
„Miss Paxton wird ihnen keine Frage beantworten.“, sagte er kühl und bahnte sich einen Weg durch die Reporter. „Oder, Liebste?“, raunte er ihr zu. Seine Stimme hatte den Verführerischen Ton angenommen, wie sie es immer tat, wenn er leise sprach.