Diskothek 'Way Up'

Die Diskothek hat Vierundzwanzig Stunden am Tag geöffnet und ist somit die am meistens besuchte Diskothek von den vielen, die es in Manhattan gibt. Das Gebäude ist schon von außen sehr auffallend. Leuchtschrift tanzt über die Hauswände und macht Werbung, der Name prangt in großen neonfarbenen Lettern über der relativ unscheinbar wirkenden Tür. Die Musik ist nur gedämpft zu hören, was jedoch an den schalldichten Außenwänden liegt.
Die erste Tür führt in einen kleinen Vorraum, welcher in dunklem Blau ist und von verdunkeltem Lampenlicht nur halb erhellt wird. Hier zahlt man den Eintritt, welcher auch schon die Getränke beinhaltet, die man sich an der Theke bestellen kann. Das Essen muss man jedoch extra bezahlen.
Sobald man durch die zweite tiefschwarze Tür geht wird man nahezu erschlagen. Der Raum ist sehr groß und ebenfalls dunkel gestaltet, jedoch werfen Scheinwerfer grelles Licht in den Raum. Die Musik ist nahezu übertrieben laut, man gewöhnt sich jedoch schnell daran. Die Bar ist heller erleuchtet als der Rest des Raumes, man bekommt dort jedes beliebige Getränk.
Durch einen Durchgang, der durch Stoffvorhänge verhüllt wird, kommt man in den nächsten Raum. Obwohl die Musik laut ist dringt sie kaum in den Nebenraum hinüber, die Vorhänge und die schalldichten Wände fangen nahezu alles ab. Die Akustik ist hier sehr dumpf. Runde Tische stehen in dem Raum verteilt, umgeben von einigen Stühlen oder auch Sesseln. An einer Wand findet man eine kleine Durchreiche, wo man sein Essen bestellen und abholen muss.

Jules betrat, dicht gefolgt von Richard, die 'Way Up' und durchquerte, nachdem sie den Eintritt bezahlt hatte, den Raum. Sie trat durch den Schlitz in den Vorhängen elegant hindurch, ohne sie großartig zur Seite zu schieben, hob die Hand und winkte zwei Freundinnen zu, die an einem Tisch saßen. Sie steuerte jedoch einen freien Tisch an und bat Richard sich zu setzen.
Sobald er saß, und sie wusste, was er essen wollte, ging sie zu der kleinen Durchreiche und bestellte für sich und ihn das gleiche. Danach kehrte sie zum Tisch zurück, setzte sich und sah Richard an. Ihre Augen funkelten in dem dämmrigen Licht leicht. Auf dem Tisch stand in einem Eimer Eiswürfel eine Flasche Sekt und drei Gläser auf dem Tisch, verkehrt herum, damit kein Staub hinein fiel.
"Das Essen dürfte demnächst fertig sein, es geht hier relativ schnell. Ich war so frei und habe gezahlt. Schließlich sind Sie mein Gast."
Sie steckte ihre Geldbörse ein und legte den Kopf schief.
"Wenn Sie wollen können wir danach noch in den großen Raum gehen, dort amüsiert man sich prächtig ..."

„Das ist sehr großzügig… aber du wolltest dich eh bei mir entschuldigen, nicht wahr?“ Er lächelte eiskalt, beugte sich auf den Tisch näher zu Jules. „Noch mehr freue ich mich auf den zweiten Teil der Abmachung.“
Als sie ihn nach dem großen Raum fragte, schüttelte er den Kopf. „Nein. Ich glaube nicht, dass das eine gute Idee wäre.“, natürlich hatte er durch sein Alter den Vorteil, Menschen in ruhe zu lassen, wenn es auffallen würde. Doch bei diesen Massen war es nicht unbedingt eines der Gefühle, die er mochte.
„Ich währe eher für einen Drink in diesem Raum. Whiskey?“, fragte er noch und sah sie von unten an. Seine Augen, die nur noch die Halbe Iris zeigten, sahen gefährlich aus.

Jules sah in seine Augen, bemerkte seinen Blick und lächelte unwillkürlich. Es war ein Ausdruck, den sie bei Männern sehr mochte. Es machte sie so ... unantastbar, und bisher hatte sie es immer geschafft, diese Blicke zu ändern, in leidenschaftliche ...
"Whiskey, wie Sie wollen, Richard."
Sie winkte einen Kellner zu sich, der ihnen beiden ein Glas Whiskey brachte. Aber Jules nahm ihm gleich die ganze Flasche aus der Hand und bat ihn zu gehen, mit einem scharfen Unterton. Sie wollte nicht gestört werden mir Richard. Aus diesem Grund hatte sie sich auch den Tisch in der hintersten Ecke ausgesucht. Sie wollte in Ruhe mit ihm reden, und hier hörte gewiss keiner zu.
"Sie werden sich also um den Mann kümmern, ja?"
Nach einer kurzen Pause fügte sie noch etwas hinzu.
"Und nach dem Essen, gehen wir dann in mein Apartment?"

Richard fing leise an zu lachen, als Jules dem Kellner die Flasche aus der Hand riss. „Du bist ganz schön stürmisch. Dieser Mann denkt jetzt bestimmt, dass du Alkoholikerin bist.“, sagte er belustigt und blickte auf die Flasche. „Aber das stört mich nicht, schließlich habe ich da ja auch was davon.“ Er grinste.
„Ich habe gesagt, dass ich mich darum kümmere. Ich kann nichts versprechen. Er ist ein Perverser. Das Volk von Amerika verachtet ihn. Genau wie auch mich.“, sagte er leise. „Wobei das ja auch durchaus berechtigt ist.“ Richard wusste genau, dass seine Klienten fast immer schuldig waren.
„Ich interessiere mich dafür, wie du wohnst.“ Natürlich tat er das. So konnte er noch mehr Informationen über sie sammeln. Aber zuerst trinken wir noch etwas.

Jules nickte und stieß mit ihm an, dann setzte sie das Glas an die Lippen und trank langsam das Glas leer.
"Was der Kerl denkt ist mir egal. Er kennt mich nicht, also, warum sollte es mich kümmern, was er von mir hält? Selbst wenn er mich kennt, soll es mir egal sein. Es schadet nicht meinem Image. Und Ihrem auch nicht, wenn man mich mit Ihnen sieht, Richard. Das kann nur gut für Sie sein."
Sie zwinkerte ihm zu, füllte ihr Glas zu einem Drittel und nippte vorsichtig daran, dann setzte sie es aber auch schon wieder ab.
"Richard ... ich denke ..." Sie nahm zwischendruch wieder einen Schluck."Nein, anders, ich frage mich, warum manche Leute so ekelhaft sein können ... ich halte es für korrekt, was Sie tun, wenn sie dabei anderen auch helfen, wie dem Mädchen, denn ein Kind braucht seine Eltern. Aber bei Leuten, die andere umbringen ... warum helfen Sie denen? Nur wegen dem Geld, dass sie dadurch bekommen?"
Sie wollte abweisend wirken, als ob sie ihn nicht mögen würde, da er das tat, es gelang ihr auch einigermaßen, doch Zuneigung kann man nicht einfach so überspielen. Diese kam noch immer etwas durch.

Wieder lachte er, als Jules ihm erklärte, dass sie die Blicke und Gedanken des Kellners nicht störte. Doch als sie ernster wurde hörte er genauer zu.
„Meinst du mit ‚manchen Leuten’ mich?“, fragte er schließlich sarkastisch. „Und ja… jeder braucht Eltern…“, er klang melancholisch.
„Ich finde nichts dabei, wenn diese Leute, die ich verteidige frei kommen, denn mein Honorar, lässt sie genauso bluten. Außerdem ist dieser Sam auch ein Mörder. Schon vergessen? Er hat sie gevögelt und danach umgebracht. Findest du DAS etwa nicht schlimm?“, er lächelte eisig und trank einen Schluck. „Wer weiß, was er mit dem Mädchen gemacht hat… Freiwillig wäre die nie zu einem wie mir gegangen.“
Er sah ihr deutlich an, wie sie sich fragte ob sie ihn nun hassen oder mögen sollte. „Vielleicht mache ich das ja auch nur, weil ich selbst gerne solche Dinge tue.“, er lachte in sich hinein. Aber jedes Lachen, was zu hören war klang entweder gehässig oder selbstherrlich.

Jules sah ihn an. Sie dachte nach, über seine Worte, dass Sam auch ein Mörder war. Sie kannte ihn nicht, und hatte auch noch nie etwas von dem Mann gehört, aber tat sie vielleicht gerade etwas falsches, als sie dem Mädchen half?
"Sagen Sie, Richard ... als Sie eben sagten, dass er dieses Mädchen dazu gezwungen hat, zu Ihnen zu kommen ... meinen Sie, dass es gar nicht seine Tochter war?"
Sie sah ihn nun aus ihren weit geöffneten Augen an und fuhr sich nachdenklich mit den Fingerspitzen über die Lippen, dann legte sie die Hände auf den Tisch und faltete sie. Wieder traf ihr Blick auf seinen.
Als er den letzten Satz sagte verengten sich ihre Augen einen Moment, dann stahl sich ein Lächeln auf ihr Gesicht, doch es war ein Lächeln, als würde sie nicht ernst nehmen, was er sagte.
"Sie meinen, Sie vögeln auch gerne junge Mädchen und bringen sie dann um? Da muss ich mir ja keine Sorgen machen, so jung bin ich nicht mehr ..."

„Natürlich nicht! Sagte er nun streng. „Dieses Mädchen war schon seine Tochter. Aber ich glaube nicht, dass sie ihren Vater wieder haben möchte. Sie hat nicht geweint, weil sie ihn vermisst, sondern weil sie Angst vor ihm hat, sollte ich nein sagen. Sie ist ein Kind. Sie weiß nicht, dass er Lebenslänglich oder gar die Todesstrafe bekommt, wenn er verurteilt wird.“, er funkelte sie an. „Wenn ich den Fall übernehme kommt er frei. Absichtlich werde ich nicht verlieren.“
Sie wusste gar nicht, wie Recht sie hatte, mit den Mädchen und dem Tod. Kinder schmeckten ihm vorzüglich. Er gönnte es sich nur in der heutigen Zeit ganz selten.

Jules erkannte nicht, wie ernst Richard es wirklich gemeint hatte, vielleicht auch einfach nur, weil sie es nicht so wollte, dass er auch so grausam war. Sie überging seinen ernsten Unterton einfach und lächelte ihn weiterhin an. Dann gab sie sich einen Ruck.
"Würden Sie ... auch dafür sorgen, dass der Mann nicht frei kommt? Wenn ich Sie entsprechend entschädigen würde, versteht sich ..."
Sie verstand nicht, wie er so gut erkennen konnte, weshalb das Mädchen wirklich geweint hatte, dass sie ihren Vater hasste und ihn fürchtete. Sie sah ihn prüfend an. Er war seltsam, ganz anders als alle anderen Männer, die sie kannte. Er war so abweisend, und genau das machte ihn so attraktiv für sie. Sie würde ihn 'küssen', wenn sie in ihrer Wohnung war, mit ihm allein. Sie konnte ihm jetzt schon kaum noch widerstehen, aber sie riss sich zusammen. Der köstliche Duft, den er verströmte, benebelte leicht ihre Sinne, in diesem leicht stickigen Raum war das auch nicht so schwer.
In dem Moment war das Essen fertig, sie erhob sich und holte es, geschickt auf ihren Händen balancierend. Es war angenehm warm, so dass es noch schmeckte, man sich jedoch nicht gleich die Zunge verbrannte.
Jules setzte sich wieder und aß, während sie ihn verstohlen beobachtete.

„Ich müsste nur ablehnen, aber ich habe ja schon angenommen…“, sagte er verschmitzt. „Ich würde doch dem Mädchen das Herz brechen, wenn ich jetzt ‚nein’ sagen würde.“ Seine stimme war aalglatt und sein Blick wanderte kurz durch den Raum, als ein paar Leute herein kamen.
„Was würde die Welt von mir denken, wenn ich den Fall verliere. Außerdem würden mir dann die Kunden davon laufen.“, sagte er gefühllos lächelnd. Zwischendurch aß er etwas und trank seinen Whiskey.
„Was liegt die eigentlich an diesem Gör?“, fragte er schließlich. „Du kennst sie doch gar nicht. Du bezahlst mich teuer und gibst dich mir auch noch hin. Ich frage mich warum?“
Genüsslich, trank er den letzten Schluck seines Whiskeys und sah, dass auch Jules fertig war. „Wie weit ist es zu deinem Apartment?“, es schien, als könne er es kaum erwarten.

Jules betrachtete ihn eindringlich, als er seine Fragen stellte wurde ihr Gesichtsausdruck unergründlich und sie lehnte sich etwas zurück.
"Ich weiß nicht genau, weshalb ich das tue. Anfangs wollte ich zahlen, damit Sie dem Mädchen einfach helfen, ich hatte sie falsch eingeschätzt, ich dachte, sie liebt ihren Vater ... Ich kann andere Menschen sehr schlecht einschätzen ... aber ... mit der Zeit ... ich glaube nicht, dass ich es nur für das Mädchen tue, Richard. Sondern für Euch."
Sie sah ihn an, sah in sein Gesicht, welches voller Spannung und in Erwartung dessen, was in Jules Apartment geschehen würde, zu einem leicht ungeduldigen Ausdruck verzogen war.
"Es ist keine kurze Strecke, aber ich habe mein Auto gleich um die Ecke geparkt. Wir können fahren, wenn Sie fertig sind."
Jules erhob sich, als er sein Glas ausgetrunken hatte, zog sich die Jacke an und sah ihn auffordernd an, ihr zu folgen.
Beim Losgehen nahm sie noch die Flasche, die noch zur Hälfte mit Whiskey gefüllt war, und steckte sie sich in die Innentasche ihrer Lederjacke. Kurz fasste sie sich nach hinten an den Gürtel. Es sah für andere so aus, als würde sie ihre Hose etwas zurecht rücken, jedoch tastete sie in Wirklichkeit nach ihrer Waffe, die sie dort sicher verwahrte.
Sie ging vor, verließ die 'Way Up' und ging zu ihrem Auto. Sie öffnete Richard die Tür und schloss sie hinter ihm, dann umrundete sie halb den Peugeot und nahm auf dem Fahrersitz platz. Sie steckte den Schlüssel rein, ließ den Motor an und trat das Gaspedal durch. In einem Höllentempo, das selbstmörderischen Gedanken nahe kam, fuhr sie jedoch sicher über die Straßen, lenkte geschickt durch die anderen Autos hindurch, verursachte dabei drei Vollbremsungen und hielt schließlich vor ihrem Apartment an.
"Da wären wir, steigen Sie aus."

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